Kein Unterhaltsvorschuss bei mangelnder Mitwirkung der Kindesmutter an der Bestimmung des Kindesvaters
Das klagende Jobcenter gewährt zwei nichtehelich geborenen
Zwillingen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SBG II – (sog.
Hartz IV). Deren Mutter beantragte Unterhaltsvorschuss für die Zwillinge. Dabei
gab sie an, der Vater sei unbekannt. Nach Belehrung über ihre Mitwirkungspflichten
erklärte sie, den mutmaßlichen Vater habe sie am Fastnachtssonntag in einer
Gaststätte in Koblenz kennengelernt, als sie alkoholisiert gewesen sei. Zu
dessen Person könne sie nur sagen, dass er Südländer sei. An den Namen könne
sie sich nicht erinnern. Es habe sie nicht interessiert. Etwa zwei Wochen
später habe sie die Schwangerschaft festgestellt. Der beklagte Landkreis lehnt
den Antrag auf Unterhaltsvorschuss ab, weil die Kindesmutter bei der
Feststellung des anderen Elternteils unzureichend mitgewirkt habe.
Daraufhin erhob das Jobcenter Klage mit dem Ziel, den
beklagten Landkreis zur Bewilligung von Unterhaltsvorschuss für die Zwillinge
zu verpflichten. Das Verwaltungsgericht Koblenz wies die Klage ab. Die
hiergegen eingelegte Berufung wies das Oberverwaltungsgericht zurück.
Ein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss, den der Kläger nach
dem SBG II für die Zwillinge geltend machen könne, bestehe nach dem
Unterhaltsvorschussgesetz unter anderem dann nicht, wenn der Elternteil, bei
dem das an sich anspruchsberechtigte Kind lebe – regelmäßig die Kindesmutter –,
sich weigere, bei der Feststellung der Vaterschaft des anderen Elternteils
mitzuwirken. Zur Mitwirkung gehörten Angaben zur Bestimmung der Person des
Kindesvaters. Diese seien erforderlich, damit das Land Unterhaltsansprüche
gegen den Kindesvater nach dem Unterhaltsvorschussgesetz auf sich überleiten
und so Erstattung der vorgeleisteten Gelder von ihm verlangen könne. Die
Mitwirkungspflichten träfen die Kindesmutter im Rahmen des Möglichen und
Zumutbaren. Hier sei die Kindesmutter ihren Mitwirkungspflichten nur
unzureichend nachgekommen. Ihre Angaben zum Kindesvater seien zu vage, um
Anhaltspunkte zu dessen Ermittlung liefern zu können. Die Kindesmutter habe
nicht unverzüglich die Nachforschungen zur Ermittlung des Kindesvaters
angestellt, die ihr ohne weiteres möglich gewesen seien. Nach Feststellung der
Schwangerschaft habe sie versuchen müssen, den Kindesvater in der Gaststätte in
Koblenz, dem Ort des angeblichen Kennenlernens, anzutreffen oder dort
Informationen über ihn zu beschaffen. Die Erfolgsaussichten eines solchen
Ermittlungsversuchs ließen sich nicht prognostizieren. Es sei nicht
auszuschließen, dass der Kindesvater die Kindesmutter wiedererkenne. Auch sei
es möglich, dass sich deren Erinnerungen am Ort des Geschehens klärten.
Ermittlungen nach dem Kindesvater habe sie unverzüglich nach Feststellung der
Schwangerschaft durchführen müssen, weil die Erinnerungen der Beteiligten und
möglicher Zeugen im Laufe der Zeit nachließen und sich dadurch die
Erfolgsaussichten solcher Ermittlungen verringerten. Der Hinweis der Mutter,
sie sei überzeugte Single, rechtfertige es nicht, ihren Kindern trotz
Verletzung der Mitwirkungspflicht Unterhaltsvorschuss zu zahlen. Denn die Frage
der Lebensweise sei von der Obliegenheit zu trennen, zu Gunsten der Kinder
Nachforschungen nach deren Vater anzustellen.
OVG Rheinland-Pfalz, 24.09.2018 - Az: 7 A 10300/18.OVG
ECLI:DE:OVGRLP:2018:0924.7A10300.18.00
Quelle: PM des OVG Rheinland-Pfalz
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